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                                             Historie 2

                Verehrter Besucher meiner Internetseite > Historie 2 <.

Wie auf meiner Internetseite > Historie 1 <. finden Sie auch hier wieder Texte zur Bensberger Ortsgeschichte. Wir alle wissen, wie in unserer schnelllebigen Zeit Meldungen über geschichtliche Ereignisse oder über herausragende Persönlichkeiten der Vergesslichkeit anheim fallen. Würden diese einzelnen Geschichten und Ereignisse nicht in irgendeiner Form für die Nachwelt festgehalten, fielen sie dem Vergessen zum Opfer. Mein Internetforum informiert Sie, je nach Interessenlage, einmal tief in Bensberger Ortsgeschichte einzutauchen.

Hier nun die Titelüberschriften dieser Textbeiträge:

1.) Jakob Euler, ein Sohn unserer Stadt (1842-1917)

2.) Die preußische Kadettenanstalt in Bensberg (1840-1918)

3.) Friedensrichter Peter Josef Fischbach, Porträt eines Bensberger Bürgers

4.) Die Nationalpolitische Erziehungsanstalt NPEA Bensberg ( 1935-1944)

5.) Schloßstadt Bensberg im Märchenzauber 1957

6.) Abenteuer zweier Bensberger Kadetten
                                                         Mit 10 Silbergroschen nach Köln

                  



                 1.) Jakob Euler, ein Sohn unserer Stadt ( 1842 - 1917 )

von Willi Fritzen



Vorbemerkung: Auf der Suche nach Informationen über Jakob Euler, den Vater des Handwerkschutzgesetzes, habe ich vielerlei Quellen anzapfen können. Eine mögliche Quelle ist leider durch den Einsturz des Kölner Archivs im Frühjahr 2009, vorerst einmal versiegt, denn unter Bergen von verschütteten Akten, die jetzt unter großem Zeitaufwand gerettet, gereinigt und neu archiviert werden müssen, könnten sich weitere wichtige Hinweise befinden. Nachfolgend in tabellarischer Reihenfolge ein Kurzproträt des Mannes, dem das deutsche Handwerk so viel zu verdanken hat.

Jakob Euler
Sohn des Schreiners Wilhelm Euler und Maria Josefa Sassenberg
geboren: 20.8.1842 in Bensberg, Wipperfürther Straße 13/ 1848 bis 1856 Besuch der Katholischen Volksschule in Bensberg. 

15.5.1861 Gesellenprüfung als Schreiner.



  8.7.1861 Heirat mit Maria Theresia Meisheid aus Schmitzbüchel.

10.7.1861 Meisterprüfung.

21.10.1871 Geschäftseröffnung in Bensberg.

13.2.1876 Wahl zum Vorsitzenden der kirchl. Gemeindevertretung in Bensberg.



22.5.1881 Gründung des „Verein selbständiger Handwerker" in Bensberg.

1881        Mitbegründer des „Rheinischen Handwerkerbundes"

1883 bis 1888 Schriftleiter der „Rheinisch-Westfälischen Handwerkerzeitung"

1890        im Dezember Wahl in den Bensberger Gemeinderat

1893        im Juni wird Jakob Euler in den Reichstag gewählt (Zentrumspartei )


1894        Mitglied im Preußischen Abgeordnetenhaus (Landtag) bis zum Tod.


24.7.1897  wird vom Reichstag das „Handwerkerschutzgesetz" angenommen,das
               im Wesentlichen von Jakob Euler erarbeitet wurde, man nennt ihn
               seither den "Vater des Handwerkerschutzgesetzes"



1912         verzichtet Jakob Euler auf eine Wiederwahl in den Reichstag

26.4.1917  Todestag von Jakob Euler - er wird in Bensberg begraben.

Als Politiker setzte er sich für die Rechte der Handwerker ein Am 15. Mai 1861 legte er in Mülheim bei Köln die Gesellenprüfung ab und arbeitete in den folgenden Jahren als Geselle in Krefeld und Aachen.

Geboren wurde er am 20. 8. 1842 im Schatten des Bensberger Schlosses auf der Wipperfürther Straße, wo sein Vater eine Schreinerwerkstatt betrieb. Nach der Volksschule arbeitete er zunächst zwei Jahre im Bergbau und erlernte danach bei seinem Stiefvater (sein Vater war
1843 gestorben) das Tischlerhandwerk. Während seiner Lehrzeit wanderte er an jedem Sonntag zu Fuß, das Zeichenbrett unter dem Arm, drei Stunden hin und drei Stunden zurück, nach Köln um an Fortbildungslehrgängen des Katholischen Gesellenvereins von Adolf Kolping teilzunehmen.

Nachdem er seinen aktiven Militärdienst abgeleistet und 1866 als Reservist am Krieg Preußens gegen Österreich teilgenommen hatte, bestand er am 10. Juli 1868, zwei Tage nach seiner Hochzeit in Köm, seine Meisterprüfung. 1869 eröffnete er in Köln-Kalk seine erste eigene Werkstatt, der nur einen kurzen Bestand beschieden war, da er 1870 wieder zum Militär einberufen wurde und am Deutsch-Französischen Krieg teilnehmen musste. Nach der Rückkehr vom Feldzug war sein Geschäft in Kalk infolge der Abwesenheit des Meisters ruiniert. Er löste das Geschäft auf und zog nach Bensberg in das elterliche Haus, wo er eine Schreinerwerkstatt und ein Sargmagazin eröffnete. Anfangsschwierigkeiten in Bensberg und die Erfahrung mit seiner Werkstatt in Kalk waren sicher der Anlass für ihn, sich mit der Lage des Handwerks im Allgemeinen zu befassen.

Das Handwerk war früher durch die Zunftordnung geschützt, sah sich aber nach Einführung
der Gewerbefreiheit einer starken, oft tödlichen Konkurrenz gegenüber und bald wurden auch Stimmen laut, die Aufhebung der Gewerbefreiheit forderten.

Jakob Euler nahm Ende der 1870-er Jahre Verbindung zur Handwerkerbewegung auf und wurde schon bald zum Führer der rheinischen Handwerker. Am 22. Mai 1881 gründete er in Bensberg den „Verein selbständiger Handwerker" und von 1883 bis 1881 war er Schriftleiter der „Rheinisch-westfälischen Handwerkerzeitung". Ebenfalls wurde 1881 der „Rheinischer Handwerkerbund" gegründet, auch dies ein Werk Eulers, der 28 Jahre lang das Amt des Schriftführers und zweiten Vorsitzenden bekleidete. Jakob Euler war überzeugter Anhänger der Zentrumspartei, für die er 1893 als Vertreter des Wahlkreises Borken- Recklinghausen in den Reichstag einzog, dem er bis 1912 (ab 1907 für den Wahlkreis Trier-Stadt) angehörte. Reichtagsabgeordnete erhielten damals keine Diäten und das Amt erforderte große finanzielle Opfer. Als er 1894 auch Mitglied des Preußischen Abgeordnetenhauses (Landtag) wurde, bedeutete das eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Lage, denn Preußen zahlte den Abgeordneten eine Entschädigung. Jakob Euler nutzte jede sich ihm als Abgeordneten bietende Gelegenheit, um für eine Verbesserung der Lage des Handwerks einzutreten, und die Protokolle der Reichstagssitzungen beweisen, dass er kein „Hinterbänkler" war, wenn es um die Sache des Handwerks ging. Im Wesentlichen waren es vier Forderungen, die das Handwerk immer wieder stellte:

1.  Einführung des Befähigungsnachweises (sprich Meisterprüfung),

2.            Regelung des Lehrlings- und Gesellenwesens;

3.            die obligatorische Innung;

4.            die Einrichtung von Handwerkskammern.

Eulers große Stunde im Reichstag kam, als 1897 der „Entwurf eines Gesetzes betreffend Änderung der Gewerbeordnung" beraten wurde. Am 24. Juni 1897 wurde das Gesetz, das unter dem Namen „Handwerkerschutzgesetzt" in die Geschichte des deutschen Handwerks einging, vom Reichstag angenommen. Euler hatte unermüdlich für die Annahme des Gesetzes gekämpft. Als Mitglied der Beratungskommission machte er 48 Änderungsvorschläge, von denen 32 in das Gesetzt eingearbeitet wurden. Mit Recht nennt man ihn den „Vater des Handwerkerschutzgesetzes". Als am 1. April 1900 die Handwerkskammer Köln ihre Tätigkeit aufnahm, wurde Jakob Euler stellvertretender Vorsitzender und behielt das Amt bis zu seinem Tode.

Neben seiner Tätigkeit in der Zentrumspartei und der Handwerkerbewegung war er auch jederzeit bereit, sich in den Dienst seiner Heimatgemeinde Bensberg zu stellen. So versah er 19 Jahre lang von 1876 bis 1895, das Amt des Vorsitzenden der kirchlichen Vertretung. Im Dezember 1890 wurde er in den Gemeinderat gewählt und behielt das Mandat bis Januar 1897. Im Dezember 1899 wählte man ihn erneut. Er blieb Gemeinderatsmitglied bis zum Jahre 1903.

Im Jahre 1912 verzichtete er aus gesundheitlichen Gründen auf eine Wiederwahl in den Reichstag, blieb jedoch Mitglied des Preußischen Landtages bis zu seinem Tode. Krankheit zwang ihn dazu, seine öffentliche Tätigkeit einzuschränken. Im Winter 1916/17 verschlimmerte sich seine Krankheit, die ihn am 26. April 1917 dahin raffte. Zu seinem Andenken wurde in Bensberg ein Straßenzug nach Jakob Euler benannt.
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 Wohnhaus und Werkstatt von Jakob 
 Euler in Bensberg Wipperfürther Str
.    
 Am 26. April  1917  verstarb Jakob 
 Euler. Zu seinem  Andenken wurde
 in Bensberg eine Straße nach 
 Jakob Euler benannt.
   
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                     2.) Die preußische Kadettenanstalt in Bensberg

Vorbemerkung von Willi Fritzen

Es war kurz nach dem Fall der Mauer (auch Eiserner Vorhang genannt) der die beiden deutschen Staaten getrennt hatte. Im Bensberger Schloss war noch das Atheneum der belgischen NATO-Truppen untergebracht. Da erschienen eines Tages, aus Ostdeutschland kommend, die fernen Angehörigen zweier evangelischer Pfarrer, die in der Zeit, als sich im Bensberger Schloss die preußische Kadettenanstalt befand, dort angestellt waren. Sie wollten die frühere Wirkungsstätte ihrer Vorfahren kennen lernen. Durch Zufall erfuhr ich von diesem Besuch, und bemühte mich um Kontaktaufnahme. Neben interessanten Gesprächen bekam ich auch zahlreiche Fotos vom einstigen Leben der Menschen, die innerhalb der Kadettenanstalt gelebt und gearbeitet haben geschenkt. Nun konnte ich getrost daran gehen die fast 80-jährige Geschichte der Kadettenschule näher zu beleuchten. Die Textfassung hierzu fertigte mein Freund und Mitarbeiter meines Buchverlages Herr Hans-Walter Böringer.

Von 1840 bis 1918, fast 80 Jahre lang, diente das einstige Jagdschloss des Kurfürsten Jan Weilern als königlich-preußische Kadettenanstalt. Das Rheinland war ja 1815 beim Wiener Kongress preußisch geworden, und man war in Berlin bestrebt, die Rheinprovinz fester an Preußen, das größte im deutsche Kaiserreich, zu binden, als es vielleicht der Mentalität seiner Bewohner entsprach.

Die Geschichte Bensbergs ist also neben dem Haupterwerbzweig Bergbau auch wesentlich von seinem Kadettenhaus mit geprägt worden. Die ersten 65 Kadetten trafen am l. Oktober 1840 in Bensberg ein. Zunächst wurden die 10- bis 12-jährigen Jungen ärztlich untersucht, mussten eine Aufnahmeprüfung ablegen und wurden dann eingekleidet. Dunkelblau waren die langen Waffenröcke, weiß abgesetzt und mit blanken Messingknöpfen. Nach einer feierlichen Eröffnungsfeier begann der Unterricht in der Art eines Realgymnasiums zunächst mit je zwei Sexten und Quinten (Klasse 5 und 6). Der l. Kommandant war ein Major Rebenstock. Andere Offiziere und bald auch zivile Gymnasiallehrer erteilten den Unterricht: Religion, Deutsch, Latein, Französisch, Erdkunde, Geschichte, Mathematik, Naturlehre, Schreiben, Zeichnen und Musik.

Die jungen Kadetten entstammten zwar in erster Linie Offiziersfamilien, aber auch Söhne von Unteroffizieren und Bürgerlichen mit entsprechend gutem Leumund hatten die Möglichkeit, aufgenommen zu werden. In den folgenden Jahren wurden immer neue Sexten eingerichtet, bis es insgesamt rund 500 Kadetten in Bensberg gab. Nach dem Nordflügel waren nämlich bald danach auch die übrigen Teile des riesigen Komplexes für den militärischen Verwendungszweck umgebaut worden. Die hierfür verantwortlichen Offiziere hatten wohl von Baukunst keine Ahnung. Es erfolgte ein kultureller Kahlschlag. Einige wenige Kunstwerke konnten schnell nach Schloss Brühl und nach München gerettet werden, das meiste wurde vernichtet. Später soll auch König Friedrich Wilhelm II., der den Umbau 1837 befohlen hatte, mit der Ausführung seiner generellen Anordnung nicht glücklich gewesen sein.

Das Leben der jungen Kadetten in den stucklosen, weiß getünchten Räumen war spartanisch-preußisch. Die strenge Ausbildung orientierte sich ganz an der späteren Offiziers- und Beamtenlaufbahn, die für die meisten vorgezeichnet war. Der Tagesablauf war minutiös geplant, die Verpflegung offenbar sehr eintönig und eben nur ausreichend. Viele Kadetten hatten aber sonntags die Möglichkeit, Kontakt zu Bensberger Familien zu knüpfen. Meine Großmutter hatte wohl ziemlich regelmäßig l bis 2 Kadetten zu Gast und berichtete, dass ihnen vom „Rodon" (Napfkuchen) noch große Stücke für die Kameraden mitgegeben wurden. Diese Portionen wurden in den Taschen und unter den Rockschößen versteckt, wo sie bei der flüchtigen Kontrolle am Eingangstor nicht auffielen oder wohl absichtlich übersehen wurden. Wochentags begann die eigentliche Freizeit der Kadetten gegen 17.30 Uhr, nach Schulunterricht und Aufgabenüberwachung. Aber wochentags durften die Kadetten das Schlossgelände nur in Ausnahmefällen verlassen, außer in Begleitung von Offizieren.

Im Sommer war daher ein Gang ins Milchborntal beliebt, wo in einem noch heute „Kadettenweiher" genannten Teich (leider zwischenzeitlich zugewachsen und versandet) geschwommen oder Schwimmen gelernt werden konnte.

Wenn die jungen Herren - schon zehnjährig wurden sie mit „Sie" angeredet! -nach Jungenart mal über die Stränge schlugen, gab es natürlich abgestufte Strafen. Die häufigste Maßregelung war offenbar das „Mittagsbrot-Carieren". Dabei musste der Bestrafte während der Mahlzeit an einer der Säulen im Speisesaal stehen und den Kameraden beim Essen zusehen; selbst bekam er nichts.

Wer diese harte Kadettenzeit durchhielt - und es waren keineswegs alle -hatte gute Berufschancen. Einige Generäle, Minister, Botschafter usw. späterer Jahrzehnte sind in Bensberg ausgebildet worden. So z. B. der preußische Verkehrs- und Eisenbahnminister Hermann von Budde, der später im hohen Alter in Bensberg beigesetzt worden ist, oder der Reichskanzler und spätere Botschafter Franz von Papen und andere - sie waren alle Bensberger Kadetten gewesen.

Mit dem Ende des Ersten Weltkrieges war auch das Ende der Kadettenanstalt gekommen. Die Jungen wurden ohne großes Aufsehen einfach nach Hause zu ihren Angehörigen geschickt.

Der Versailler Vertrag von 1919, dem die Rheinlandbesetzung bis Mitte der 20er Jahre folgte, gestattete dem Deutschen Reich lediglich 100 000 Mann Reichswehr (Heer) und 15 000 Marinesoldaten. Die Zeit der Kadettenanstalt war in ganz Deutschland nicht nur in Bensberg vorbei. Nach Jahren unterschiedlicher Nutzung als Bürgermeisteramt, Kreisveterinäramt und Notunterkunft schien die Umgestaltung in eine „NAPOLA" = (Nationalpolitische Erziehungsanstalt) nach 1934 an die preußische Kadettenanstalt anzuknüpfen. Aber 1945 war mit dem Kriegsende auch dies vorbei.

Nach kasernenmäßiger Belegung durch die alliierten Siegermächte des Zweiten Weltkrieges erfolgte schließlich die Umwidmung in eine belgische Internatsschule. Abermals wurden dort junge Menschen unterrichtet und erzogen. Heute befindet sich im altehrwürdigen Bensberger Schloss seit dem l. August 2000, das 5 Sterne Grand Hotel Schloss Bensberg.
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 Schulstunde i.d. Kadettenanstalt
 Grosser Saal - Festveranstaltung Schlafsaal
 Kadettenhaus-Kapelle
 Evgl. Pfarrer bei
         der 
 Kadettenanstalt
 Krankenabteilung Offizierkorps/ Lehrer / Erzieher
  Winterfreuden Schlittenfahren mit  Erziehern und deren Familien

Weitere Informationen und Fotos über die Kadettenanstalt finden Sie in meinen Buch > Bilder und Geschichten vum ahle Bänsberg < Seite 240 bis 264
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Noch einen weiteren Hinweis: Am Ende von diesem  Unterordner Historie 2 finden Sie noch einen weiteren Bericht über das Erlebnis zweier Kadetten, Titel:

       Abenteuer zweier Bensberger Kadetten
                                                             Mit 10 Silbergroschen nach Köln

 


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                               Porträt eines Bensberger Bürgers

3.) Friedensrichter Peter Josef Fischbach (1806-1870)

von Willi Fritzen

Zunächst die Beantwortung der Fragestellung, was ist ein Friedensrichter? Zum Aufgabenbereich des Friedensrichters gehörten Tätigkeiten im Bereich des Erbrechtes. Neben den Steuerinventaren, die der Friedensrichter nach jedem Todesfall aufzunehmen hatte, hatte er auch die für die Sicherung des Erbganges nötigen Maßnahmen zu treffen. Unter diesem Titel war er mit der Testamentseröffnung und der Ausstellung von Erbbescheinigungen befasst.

Peter Josef Fischbach wurde am 14. März 1806 in Düren geboren, studierte Rechtswissenschaft in Bonn und trat seine erste Stelle als Referendar in Borken/Westfalen an. Er siedelte nach Aachen um, als ihm eine Stelle als kommissarischer Friedensrichter für den Landbezirk angeboten wurde. Als junger Referendar schrieb er Beiträge zur Geschickte von Düren und sammelte Sagen aus dem Dürener Land.

Sein Werk über „Dürener Volkstum" wurde erst zehn Jahre nach seinem Tode (1880) herausgegeben. Vorübergehend tat er an der Saar Dienst, wurde aber endgültig im Jahre 1842 nach Bensberg versetzt. Dieser Ort, inmitten von Bergen und Wäldern, sollte für ihn, seine Gefährtin Katharina, geb. Severin und seine fünf Söhne zu einer zweiten Heimat werden. Bibliotheken, Archive und die vielen Dome in der Nähe bestärkten ihn in der Wahl seiner Dienstorte.


Bereits ein Jahr nach seinem Umzug erschien sein Buch „Heilige Geschichten und Sagen".

Bald darauf wurde er zum Mitbegründer des „Historischen Vereins für den Mittel- und Niederrhein", in dem er bis zu seinem Lebensabend in der wissenschaftlichen Kommission tätig war.

Aber Peter Josef Fischbach war nicht allein ein Mann der Feder, der sich mit Heimatgeschichte beschäftigte. Vor allem durch seinen Beruf wurde er mit den Nöten der Bauern vertraut; innerhalb des „Landwirtschaftlichen Vereins" versuchte er ihnen zu helfen. Als Vorsitzender des „Hilfsvereins Kölner Dom" in Bensberg wurde er ein angesehener Mann im Kölner Domverein. Im Revolutionsjahr 1848 sprach er als unbeirrter Christ auf zahlreichen Versammlungen und kritisierte die undemokratischen Handlungen und Übergriffe des Staates. So wurde der Richter zum Angeklagten, als er sich mutig für die politischen Flüchtlinge eingesetzt hatte. Da die gegen ihn erhobenen Vorwürfe haltlos waren, wurde er freigesprochen. Immerhin zog sich Fischbach nach diesen traurigen Erfahrungen weitgehend aus der Politik zurück und widmete sich nahe liegenden Aufgaben. Er bereitete seine Söhne auf den Besuch einer höheren Knabenschule vor, für deren Gründung er sich im geistig regsamen Bensberg energisch einsetzte. Für die stete Verbesserung des Unterrichts arbeitete er im Schulvorstand tatkräftig mit.

Sein richterliches Amt übte er - trotz gebotener Gesetzestreue - als wahrer Menschenfreund aus. In seiner humorvollen Art versuchte er häufig, noch vor Prozessbeginn, Frieden zwischen den streitenden Parteien zu stiften. Mittels seiner überzeugenden Darstellungskraft konnte er auf diese Weise manchen kostspieligen Prozess vermeiden helfen und die bergischen Dickschädel wieder zusammen führen, selbst wenn er sie zu diesem Zweck mehrmals aufsuchen musste.

Seine letzte Ruhestätte fand der beliebte Richter auf dem Bensberger Bergfriedhof. Eine Straße ganz in der Nähe seines früheren Wohnhauses erinnert an ihn.

Anbei noch einige Anmerkungen zur Gerichtsbarkeit in Bensberg. Bensberg, als Standort eines Gerichts hat, geschichtlich gesehen, schon eine lange Tradition. Sein Anfang nahm die Gerichtsbarkeit beim Grafengericht des Deutzgaues. Dieses Gericht tagte in Porz-Urbach und wurde von den Grafen abgehalten, die im Gau Besitzungen hatten. Aus diesem Grund war es für alle die höchste Instanz. Schon früh ging man dazu über, das Grafengericht zu entlasten und so genannte Zwischentermine zu schaffen, die allerdings mit beschränkter Zuständigkeit von einem Schultheiß abgehalten wurden. Das Schultheißengericht der gerodeten Mark befand sich auf der Bannsburg (Bannus - Gerichtsbezirk). Heimatforscher sehen in der Bezeichnung Bannsburg die Urform des Ortsnamen Bensberg. Hier auf der alten Burg versammelten sich die Mitglieder der einzelnen Grundherrschaften um dem Gericht beizuwohnen. Als unsere Heimat 1815 preußisch wurde, erhielt Bensberg den Sitz eines Friedensgerichts und dann eines Amtsgerichts. Friedensrichter Peter Josef Fischbach war der letzte Friedensrichter am Bensberger Amtsgericht.

Nun noch etwas zu Fischbachs Ehefrau Katharina Fischbach geb. Severin. 1836 heiratete sie den Juristen Peter Josef Fischbach. Sie starb 1872 in Düsseldorf/Kalkum. Als Privatschülerin erlernte sie 1824 das Malen. Eigenständige Leistungen ihres Schaffens sind meist kleinformatige intime Porträts, die überwiegend Persönlichkeiten aus ihrem persönlichen Umfeld darstellen. Daneben schuf sie einige durch romantische Staffage belebte, literarisch motivierte Landschaften. Darunter sind u. a. zwei großformatige Altarbilder, die auch heute noch in der Pfarrkirche St. Nikolaus in Bensberg das Kircheninnere schmücken. Da ist zunächst das Ölbild des Pfarrpatrons, des hl. Nikolaus. Das besagte Bild hing bereits in der im Jahre 1554 errichteten und im April 1880 abgerissenen Kirche, die auf gleichem Baugrund gestanden hat wie die heutige Pfarrkirche. Das Bild befindet sich heute an der Stirnseite im linken Querschiff. An der Stirnseite des rechten Querschiffes hängt das zweite Bild, eine Kopie der Beweinung Christi von Anton van Dyk. Das Bild ist eine gelungene Kopie des in der Berliner Gemäldegalerie befindlichen Originals.
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 Wohnhaus vom 
Friedensrichter 
Peter Josef
Fischbach. 
   

 Grabstein a.d. Friedhof in Bensberg
 Beweinung Christi, von Anton van Dyk(Kopie von Katharina Fischbach)  
in der Pfarrkirche in Bensberg
 Pfarrpatron des hl. Nikolaus 
 Ölbild von Katharina Fischbach
 (Ehefrau von Friedensrichter
  Fischbach)
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          4.) Die „Nationalpolitische Erziehungsanstalt" NPEA Bensberg

Vorbemerkung von Willi Fritzen

Verehrter Leser meiner Internetseite. Neben der Preußischen Kadettenanstalt im Bensberger Schloss (1840-1917) folgte für einige Jahre während der Nazi-Gewaltherrschaft (1935-1944) die NS-Eliteschule „Nationalpolitische Erziehungsanstalt", für einige Jahre auch „Napola" genannt, in den Bensberger Mauern. In meinem Buch „Spurensicherung" Band l, habe ich auf den Seiten 84 bis 101 diese Einrichtung in Text und Bild dargestellt. Den erwähnten Text schrieb mir freundlicherweise Herr Klaus Schmitz, die Fotos habe ich selber über einen langen Zeitraum zusammengetragen. Dabei half mir ein glücklicher Zufall. Ein dicker Fotoordner mit Bildern von der Napola war nach dem Zweiten Weltkrieg in die USA gelangt und in einem speziellen Laden, der Orden und Ehrenzeichen verkaufte, von einem amerikanischen Bürger ersteigert worden, der wiederum geschäftliche und private Verbindungen nach Deutschland hatte. Über viele Ecken gelang es mir, die Fotos zu sichten und davon Reproduktionen zu fertigen. Auf meiner Internetseite verzichte ich bewusst auf einen umfassenden Text und verweise auf mein obengenanntes Buch. Lediglich die nachfolgende Kurzfassung soll über das Wesen und die Ausrichtung der Eliteschule informieren:

Zur Heranbildung einer Elite innerhalb der Hitlerjugend wurden im Dritten Reich zwei Schultypen geschaffen: „Nationalpolitische Erziehungsanstalten NPEA" wie z. B. in Bensberg und, Adolf-Hitler-Schulen AHS". Während die NPEA dazu bestimmt waren, „eine Auslese deutscher Jungen durch eine allseitige nationalsozialistische Erziehung für einen vorbildlichen Dienst an Volk und Staat heranzubilden", erzogen in der AHS die Parteiführer den Nachwuchs für die Partei. Die Aufnahme in die AHS erfolgte mit dem vollendeten 12. Lebensjahr für Jungen, „die sich im Deutschen Jungvolk hervorragend bewährt haben und von zuständigen Hoheitsträgern in Vorschlag gebracht wurden". Die Ausbildung in der AHS war unentgeltlich und führte zur Reifeprüfung, nach der „dem Adolf-Hitler-Schüler jede Laufbahn der Partei oder des Staates offen stand".

Das Auswahlverfahren für Schüler der NPEA war weit reichender. Jeweils zum 1. November jeden Jahres wurden seitens der Volksschulen geeignete Schüler des dritten und vierten Schuljahres dem Kreisschulrat gemeldet. Dieser leitete die Vorschläge an die nächstliegende NPEA weiter. Bei der Vielzahl der gemeldeten Schüler war es der NPEA möglich, bei der Auswahl ihrer Schüler strenge Maßstäbe anzulegen. Nur wer rassisch einwandfrei, körperlich gesund, charakterlich sauber und geistig leistungsfähig war, wurde aufgenommen. Mit der Entscheidung einen Schüler für die Aufnahme in eine NPEA vorzuschlagen, hatten die Eltern keine Rechte. Eine verwitwete Mutter, deren Ältester bereits in Russland kämpfte, hatte die Schulleitung gebeten, ihren Sohn von der Vorschlagliste zu streichen. Die Antwort des Schulleiters: „Dir Sohn ist nicht ihr Privateigentum, über das lediglich sie verfügen können. Er ist ihnen ausgeliehen, aber er gehört dem deutschen Volk. Einwände dagegen, dass sein Name für eine Eliteschule vorgeschlagen wird, komme einer Beleidigung von Führer und Reich gleich".
So wurde der künftige NPEA-Schüler der Fürsorge des Elternhauses entrissen, und viele Eltern sahen sich genötigt, dem politischen Druck nachzugeben.
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  Jungmannen der NPEA (Napola) Bensberg mit 
  Baurat Werner Dobisch.
 



 Fanfarenzug von der Napola  Aufmarsch beim Kreisparteitag in GL.
 Schrankappell Sportunterricht mit Handgranaten
 SA-Führer Viktor Lutze in Bensberg Reichserziehungsminister Bernhard
 Rust zu Besuch in Bensberg
 Generalinspekteur aller Napola-
 Schulen SS-Obergruppenführer
 Heißmeyer auf Visite.
Wenn Sie weitere Fotos von der Napola sehen möchten dann verweise ich auf einen weiteren Ordner in dieser Homepage unter > Napola im Schloss <.
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                         5.) Schlossstadt Bensberg im Märchenzauber

Rückblick auf die Zeit, als in Bensberg noch die beliebten Märchenzüge organisiert und durch die Straßen gezogen sind, und die Nachfrage, wie hat alles angefangen? Und warum werden sie heute nicht mehr durchgeführt? Brauchtumsforscher Willi Fritzen versucht darauf eine Antwort zu geben. Zur Vorgeschichte. Es begann in den Friedensjahren des so genannten Dritten Reiches und war im Sinne der Fremdenverkehrswerbung entstanden. Allerorts versuchten die Stadt- und Gemeinderäte mit der Wiederbelebung von althergebrachten Festen wie auch mit neuen Ideen, wie z. B. Handwerkertag, Erntdank- und Hirschfest und schließlich die alte Dorfkirmes mit neuen Elementen wie der Gestaltung eines Märchenzuges zu beleben und in Szene zu setzen. Die Zeit war reif für solche Neuerungen, denn die meisten Menschen verbrachten ihre Freizeit mangels Fahrmöglichkeit in den heimatlichen Gefilden. Die Idee mit dem Märchenzug kam vermutlich von den Schulen, denn dort waren vielerorts noch einheimische Lehrer angestellt, denen die Liebe zur Heimat noch angeboren war. Hier in Bensberg war es aber nicht nur die Organisation des Märchenzugs, die als Neuerung eingeführt wurde, sondern man ersann weitere Höhepunkte dazu, um die althergebrachte Dorfkirmes neu zu gestalten. Damit das erdachte auch durchgeführt werden konnte, begannen die Maifeierlichkeiten bereits am Donnerstag mit Freilichtspielen, Versteigerung der Maibräute, großer Volksbelustigung mit Kirmes- und Ochsenbraten am Spieß, Tanzzelt und schließlich als Höhepunkt am Sonntag, dem Märchenzug durch die Straßen der Schlossstadt. Große Unterstützung erfuhren die Organisatoren durch die Erzieher und Jungmannen der Napola, die damals im Bensberger Schloss residierte. Dies war z. B. die Bereitstellung ihres Musikzuges sowie die Bereitstellung ihrer Pferde und durch Hilfspersonal. Mit Ausbruch des Krieges wurden diese Feierlichkeiten eingestellt. Das dieses Riesenspektakel ausgerechnet im Nazi-Deutschland erdacht und eingeführt worden ist, machte es den Veranstaltern, die das Fest nach dem Zweiten Weltkrieg fortführten, nicht besonders leicht. Fröhlich begann man nach dem Kriege die begonnene Tradition fortzuführen, was zunächst auch gut klappte. Doch es taten sich ungewollt neue Probleme auf. Neben dem riesigen Arbeitsaufwand, der bei der Vorbereitung und Durchführung des Zuges durch die Lehrerschaft der hiesigen Schulen bewältigt werden musste, und schließlich zur Einstellung der beliebten Märchenzüge führte, war die Einführung des Fernsehens und die immer größer werdende Mobilität der Familien durch das Auto ein weiteres Problem. Lassen wir all diese Probleme einmal außen vor und lesen, was damals die Bergische Landeszeitung vom Märchenzug im Jahre 1957 berichtet hat:

Schlossstadt Bensberg im Märchenzauber

Strahlende Maisonne und blauer Himmel

40 000 Menschen umsäumten Straßen und Plätze

Ein farbiger Bilderbogen

Bensberg. Das war ein Tag! Andersen und die Brüder Grimm hätten ihre helle Freude gehabt. Altvertraute Gestalten seliger Kinderzeit waren aus dem Märchenbuch gestiegen und zogen in einem farbenprächtigen Zug durch die Straßen Bensbergs, das mit dem alten und neuen Schloss unter dem blauen Himmel eine einmalige schöne Kulisse bot. 30 000 bis 40 000 und mehr Menschen säumten die Straßen und Plätze und folgten hellauf begeistert dem farbenprächtigen Bilderbogen, der sich über 1,5 km spannte und immer neue Märchen lebendig werden ließ. 42 Abteilungen mit bunten Fußgruppen und lustigen Wagen führten uns in ein wundersames Wunderland. Schon lange vor Beginn dieser traditionellen Veranstaltung der Bensberger Schulkinder strömten die Besuchermassen zu Fuß, per Sonderomnibus, Pkw oder Motorrad aus allen vier Himmelsrichtungen zur fahnengeschmückten Schlossstadt. Die Polizei mit Funkstreifenwagen und 32 Beamten im Einsatz, hatte alle Hände voll zu tun, den Besucheransturm und den an diesem herrlichen Maisonntag natürlich ganz besonders starken Kraftfahrzeugverkehr einigermaßen in geordnete Bahnen zu bringen. Vor allen Dingen die Omnibusse der Kraftpost und Bundesbahn verursachten einige Kopfschmerzen und wären besser vorzeitig umgeleitet worden. Erhebliche Verkehrsstauungen insbesondere auf der Bundesstraße B55 ließen sich nicht vermeiden, wurden aber anderseits von den Ausflüglern mit Fassung hingenommen, die vielfach so ganz unerwartet in den Genuss einer zauberhaften Märchenvorführung gelangten.

Unter Einsatz von Polizei, Feuerwehr, Rotem Kreuz, Lehrerschaft und Stadtverwaltung konnte dieses außergewöhnliche Unternehmen nach anfänglichen Stockungen insgesamt recht glücklich und ohne Schwierigkeiten über die Bühne gebracht werden, nicht zuletzt dank des überaus disziplinierten Verhalten der Zuschauerscharen, die im Gegensatz zu Karnevalsumzügen nicht auf Kamellen aus waren , sondern ihr Augenmerk uneingeschränkt auf die phantasievollen Gruppen und bunten Wagen richteten. Und was sie dort sahen, war des Anschauens wert.

Es ist uns verständlicherweise nicht möglich, diesen Bensberger Märchenzug bis in alle Einzelheiten genau und ausführlich zu beschreiben. Der Eindrücke waren einfach zu viele. Einige wenige Stichworte müssen genügen. Die bunten Aufbauten der lustigen Wagen verrieten allesamt Phantasie und einen enormen Aufwand an Mühe und Arbeit. Da lag die Prinzessin hochgetürmt über dicken weichen Betten auf der Erbse. Da ein rosenumblümtes Märchenschloss. Dort die Schneiderstube mit den flinken Heinzelmännchen von Köln. Hier der böse Wolf im Bett der Großmutter. Das verwunschene Schloss im Lüderich - ein großes Felsengebilde. Das Hexenhäuschen durfte natürlich nicht fehlen. Die Fußgruppen machten uns gleichfalls Spaß. Da marschierten Zwerge mit grünen, gelben und langen Bärten; tippelten Chinesen in orientalischer Pracht; liefen die sieben Schwaben mit furchterregendem Spieß; rollte vor uns das Märchen von des Kaisers neue Kleider in einem fröhlichen Film ab ... Prächtige Kutschen, eine von Ponys gezogen, Tambourcorps, Musikkapellen, der Schützenposaunenchor aus Köln-Sülz, Maigruppen, Sonnenblumen, große Fliegenpilze...

Es juckt einem in den Fingern, man möchte alles beschreiben, möchte vom Aschenputtel, Brüderchen und Schwesterchen, dem Rattenfänger von Hameln, vom Teufel mit den drei goldenen Haaren, vom gestiefelten Kater, vom

Froschkönig und von all diesen reizenden Märchenbilderfolgen erzählen, die da gestern Nachmittag in heller Maisonne an uns vorbei zogen. Auf der großen Festwiese (vor dem früheren Amtsgericht an der Gladbacher Straße) sahen wir dann noch einmal alle in großer Schar vereinigt. Da standen Zwerge neben Herolden, kleine Ritter neben Chinesenkindern, Prinzessinnen neben Heinzelmännchen und Frühlingsblumen neben den sieben Schwaben, die sich vor der bösen Hexe gar nicht fürchteten und neben dem tapferen Schneiderlein gut Freund waren. Mailieder, Volkstänze, Musizierstücke ... hier auf dem weiten, von vielen tausend Menschen umsäumten Wiesengelände, erlebte der Bensberger Märchenzug 1957 seinen farbenfrohen Abschluss. Nachtrag von Willi Fritzen: von dem farbenprächtigen Spektakel habe ich damals, 1957, einen herrlichen Farbfilm gedreht, um die Erinnerungen von diesem Ereignis für die Nachwelt zu konservieren. Desgleichen wurden neben zahlreichen von mir erstellten Fotos weitere Bilder von früheren Märchenzügen gesammelt. Eine kleine Auswahl davon zeige ich hier auf meiner Internetseite.
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 Märchenzug zirka 1938  Märchenzug zirka 1938
 Märchenzug 1953 1953 Maipaar
 Märchenzug zirka 1955 Märchenzug 1957
 Märchenzug zirka 1955 Märchenzug 1957
 Märchenzug 1957 Auf der großen Festwiese beim
 früheren Bensberger Amtsgericht 
 (Foto zirka 1938)
(10) = 39 

Die hier gezeigten Bilder sind nur eine kleine Auswahl aus der Fotosammlung
von Willi Fritzen.



                      (Mit 10 Silbergroschen nach Köln)

Vorbemerkungen von Willi Fritzen
Die Zeitumstände von dem die nachfolgende Begebenheit berichtet sind eine völlig andere und können mit der heutigen Wirklichkeit nicht verglichen werden.
Damals bestimmte das Kaiserreich das Alltagsleben der Menschen, heute haben wir die Bundesrepublik Deutschland mit einem gewählten Parlament. Auch das Transportwesen und die Personenbeförderung von früher zu heute hat eine große Veränderung erfahren. Im Jahre 1867 gab es zwischen Bensberg und Köln noch keine Eisenbahnverbindung (die Eisenbahnverbindung wurde erst im Jahre 1870 geschaffen)Ebenso gab es keine Straßenbahnverbindung von Bensberg zur Rheinmetropole (die Straßenbahnverbindung gibt es erst seit 1913)
Auch das Aussehen von Köln war eine völlig andere. Wie z.B. folgendes: Die Vorgängerbrücke der späteren  Hohenzollernbrücke wurde damals auch Dombrücke genannt und man nannte diese auch die stehende Brücke, im Gegensatz zur Schiffsbrücke. Diese sogenannte Schiffsbrücke zwischen Deutz und der Altstadt war 1822 eingeweiht worden. Sie war übrigens die erste Brücke die im weiten Umkreis von Köln nach 900 Jahren die Ufer des Rheins verband. Die etwa 400 Meter lange Holzkonstruktion wurde von etwa 40 Nachen getragen und hatte eine Fahrbahn aus Holzbohlen. Die Brücke überquerte den Rhein nördlich der heutigen "Deutzer Brücke" Fußgänger, Fuhrwerke und Schiffe bezahlten ein Brückengeld. Die Schiffbrücke wurde anfangs dreimal am Tage geöffnet.
(aus Köln Wiki)

 Zu ihrer Information zunächst einige Fotos um den nachfolgenden Text besser zu verstehen.

Die frühere Dombrücke (auch Gitterbrücke genannt) Der Entwurf der E. Steinhauser Hütte der Mindener Eisenbahngesellschaft wurde von den Kölnern auch "Muusfall" - Mausefalle genannt. Heute steht an gleicher Stelle die Hohenzollernbrücke.
Reiterdenkmale links: Wilhelm I. und rechts Friedrich Wilhelm IV.
Ein mit Pferden bespannter Omnibus transportierte zum Beispiel Fahrgäste  von
Köln- Ehrenfeld über den Neumarkt zur Schiffsbrücke.
Einzige Verbindung über den Rhein in Köln war für viele Jahre diese Schiffsbrücke, die mehrmals am Tage in der Mitte für Wasserfahrzeuge geöffnet wurde. Die Dombrücke (Foto weiter oberhalb) nannte man damals (die feste Brücke)  
Das Bild von der Kölner Schiffsbrücke ist schon eine kleine Rarität und wurde von mir
eigens für diese Homepage ersteigert.
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Im Jahre 1867 wurden in Köln zwei Reiterstandbilder des preußischen Königs Friedrich Wilhelm IV. (+ 1861) und seines Bruders und Nachfolgers, des späteren Deutschen Kaisers Wilhelm I. eingeweiht. Sie wurden  an den Endpunkten der festen und stehenden Gitterbrücke aufgestellt, die im Volksmund "de Muusfall" genannt wurde und an der selben Stelle stand, an der heute die 1910 errichtete Hohenzollernbrücke den Rhein überspannt.
Zur Enthüllung der beiden Reiterstandbilder (auf der Deutzer Seite) fuhr auch eine Abordnung des Bensberger Kadettenkorps nach Köln. Kommandeur des Kadettenhauses war von Juli 1867 bis März 1869 Friedrich Baron Haller von Hallerstein. Zwei Kadetten, die man bei der Auswahl  der Abordnung - nach ihrer Meinung: zu Unrecht - "übersehen" hatte, unternahmen einen abenteuerlichen Versuch, der es ihnen ermöglichen sollte, doch an den Einweihungsfeierlichkeiten in Köln teilzunehmen. Wie es ihnen dabei erging , mögen die Leser der nachfolgenden Schilderung entnehmen. Sie stammt von A. Ehrenburg, einem der beiden Kadetten von 1867. Jener ehemaliger Bensberger Kadett war in den 1880er und 1890er Jahren als angesehener Journalist in Amerika tätig und hat seine damaligen Erlebnisse 1894 in der "German Daily Gazette" (Philadelphia) wir folgt dargestellt:
Ehrenburg schrieb:
Ich war wohlbestallter Tertianer der Kadettenschule in Bensberg, mit der Aussicht, in wenigen Wochen nach der Haupt - Kadettenanstalt in Berlin (später Lichtenfelde) versetzt zu werden. Uns Tertianer schwoll das Herz in der Brust vor Stolz, unserem Ziel, den Epauletten, näher gerückt zu werden. Und mit dem Stolze stellte sich auch ein begreiflicher Übermut ein. Mit geheimen Gruseln gedenke ich noch heute eines von meinem Kameraden von Grävenitz und mir verübten Streiches, der, wenn man nicht Gnade vor Recht hätte ergehen lassen, mit Ausstoßung aus der Anstalt geahndet worden wäre.

In Köln bereitete man sich auf die Enthüllung der Reiterstatue Friedrich Wilhelms IV. vor, die auf der stehenden Brücke (Vorgängerin der Hohenzollernbrücke; im Gegensatz zur Schiffsbrücke nannten die Kölner diese Brücke die stehende oder feste Brücke) errichtet worden war. Köln traf riesige Vorbereitungen für das Fest, und die Kunde, dass der König Wilhelm I. und sein Hof der Enthüllung beiwohnen würden, hatte in uns patriotisch gesinnten Bengels den Wunsch wachgerufen, einmal den Herrscher des Hauses Hohenzollern von Angesicht zu Angesicht zu schauen.

Dazu kam noch, dass eine aus 60 Kadetten bestehende Deputation aus Bensberg zu den Feierlichkeiten herangezogen wurde. Der Kommandeur der Schule traf die Auswahl, und Grävenitz und ich wurden bei der Zusammenstellung der Deputation "übersehen".

Das "fuchste" uns gewaltig. Wir planten einen gewagten Streich. "Nach Köln" lautete unsere Parole, und ganz im geheimen trafen wir unsere Vorbereitungen zu unserem Abenteuer.

Es war ein herrlicher Herbsttag, als früh am Morgen die Deputation unter Eskorte eines Hauptmannes und eines Premier- Leutnants in fünf Omnibussen durch das Tor der Anstalt der Stadt Köln zufuhr.

Der Portier ( Kadettenhauspförtner) Günther, ein gedienter Soldat mit einer großen Familie, schloss das hohe eiserne Tor, nachdem der letzte Wagen den Hofraum verlassen hatte. Wir beiden Unglückskinder sahen noch lange dem Wagentrain nach, und als dieser sich unseren Blicken entzogen hatte, reichten wir uns die Hände un sprachen: "Nun Kamerad, ans Werk, koste es , was es wolle".

Eine dritte Person war bereits in unser Geheimnis eingeweiht, und diese dritte Person war keine andere als die älteste Tochter des Portiers, ein schönes, blasses, mageres Mädchen, zu dem Freund Grävenitz eine stille Neigung gefaßt hatte, - eine Art erste Liebe mit freilich sehr bedenklichen Hindernissen, - und dem ich auch recht oft nachguckte, bis es um die Ecke verschwunden war. Das Mädchen hieß Amanda, und es war in der Tat ein Wesen, das man lieb haben mußte.

Amanda war schon einige Tage vorher für unseren Plan gewonnen worden. Ihr oblag es, uns mit Zivilkleidung zu versehen, denn darüber waren wir uns einig, dass wir Köln nicht in Uniform betreten konnten, ohne Gefahr zu laufen, entdeckt zu werden. Und Amande tat ihr Bestens. Heimlich steckte sie uns einen Anzug ihres Bruders, der mit uns im gleichen Alter stand, zu, aber mit einem zweiten Anzug hatte es seine liebe Not, denn das Mädchen hatte nur einen Bruder, und dieser Bruder verfügte außer dem abgetragenen Anzug nur noch über den, den er auf dem Leib trug.

Was tun? sprach Zeus. Was tun? sprach Amanda. Doch die Not macht erfinderich, und in der Not darf der Mensch nicht zu wählerich sein. Das gute Mädel entnahm dem Kleiderschrank ihres Vaters einen Anzug, packte ihn in einen Bündel zusammen und trug es in den Turnsaal, in dem die bevorstehende Metamorphose  vor sich gehen sollte. Es wurde abgemacht, dass Amanda uns bei der Rückkehr das hohe Gittertor öffnen sollte.

Zunächst ging es an die Umkleidung: die Uniform wurde mit dem Zivil vertauscht. Grävenitz war inzwischen damit fertig, denn die Kleider des jungen Günther  paßten ihm, anders war es mit mir, denn der Anzug des Pförtners war mir natürlich viel zu groß.

Was war zu tun? Wohl konnte ich die Ärmel hochkrempeln, nicht aber die Hosenbeine, die mir fast um einen Fuß zu lang waren. Da gab mir die Not eine babarische Idee ein. Im Nu hatte ich das Taschenmesser herausgezogen, und einige Sekunden später paßten mir die Beinkleider, denn ich hatte etwas einen Fuß Tuch vom unteren Hosenrande abgesäbelt! Du lieber Himmel, hätte mich in diesem Augenblick mein Vater gesehen, wahrlich, mir wäre eine Tracht Prügel sicher gewesen ! Grävenitz lachte sich ob meines Aussehens schier vom Ast, und ich mußte endlich mitlachen, denn in solch abgesägten Hosen ist wohl noch nie zuvor ein Mensch einhergegangen. Was wird Papa Günther dazu sagen? Das war mir in diesem Augenblick völlig gleichgültig. Jetzt hieß es: "Fertig zum Abmarsch! Auf nach Köln!" Jeder von uns hatte fünf Silbergroschen in der Tasche.---------

Es war 1 Uhr nachmittags, als Grävenitz und ich incognito den Turnsaal verließen. Amanda hatte die Weisung, ihren Papa derartig zu beschäftigen, dass wir ungehindert das Tor passieren konnten, und sie machte ihre Sache volltrefflich, denn ohne vom Pförtner entdeckt zu werden, erreichten wir jungen Vagabunden das Tor und damit die davorliegende Freiheit. Leicht atmeten wir auf, als wir unsere Kadettenschule im Bensberger Schloss hinter uns hatten.
Eilenden Schrittes ging es von Bensberg, die Landstraße vermeidend, auf Köln zu. Im Frankenforst machten wir kurze Rast, nahmen einen mitgebrachten Imbis ein, und gegen 3 Uhr (15.00 Uhr) sahen wir uns bereits den Festungswerken von Köln und Deutz gegenüber.

Majestätisch erhob sich vor uns der Dom, und Deutz war erreicht. Das Herz schlug in unserer Brust einen wahren Gewaltmarsch, als wir Köln erreicht hatten, wo die Enthüllung des Denkmals bereits stattgefunden hatte.

Die Hauptfeier war vorüber, den König und Herrn sollten wir nicht von Angesicht zu Angesicht schauen! Der Kontrast, den wir in unserem Aufputze zu der festlich gekleideten Volksmenge bildeten, läßt sich nicht beschreiben. An Stelle unseres Patriotismus war Scham über unser verwahrlostes Aussehen getreten, und dazu kamen noch Hunger und die Furcht , entdeckt zu werden oder in der Anstalt vermißt worden zu sein. Verstimmt schlichen wir uns über die Brücke ins Festungs-Glacis, und dort ließen wir uns auf eine Bank nieder.

Der Hunger gemahnte uns, dass wir im Besitze von 10 Silbergroschen waren. Furage mußte her, doch wer von uns sollte Lebensmittel herbeischaffen? Ich schützte meine abgesägte Hosen vor, die mir keinen Furagegang gestatteten, Grävenitz dagegen erklärte, dass er nicht den Mut habe, einen Laden zu betreten. Das Los wurde gezogen, und es traf Grävenitz.

Wohl oder übel machte er sich mit unserer Barschaft auf den Weg, während ich auf der Bank im Glacis verblieb. Nach einer halben Stunde, die mich ein Jahr dünkte, kehrte mein Kamerad mit einem Haufen Mundvorräte: Brot, Wurst und Schmalzkuchen,zurück. Wir gingen "zur Attacke über!" und hieben mächtig ein. Im Handumdrehen war der Vorrat vertilgt - ein Kadettenmagen ist bekanntlich sehr groß und sehr gesund - und soeben wollten wir aufbrechen und den Heimweg antreten, als zwischen den Bäumen des Glacis hindurch eine Kadettenuniform sichtbar wurde, deren Träger kein anderer war als Kamerad von Hartmann, am Arm seiner Mama einherschreitend, der ein Mitglied jener zur Feier abkommandierten Deputation war. Ihn sehen und sofort wieder unsere Sitze einnehmen, war das Werk einer jeden Augenblicke, in denen man Elektrizität in den Knochen verspürt.

Wohl duckten wir uns, wohl suchten wir unerkannt zu bleiben, aber Hartmann hatte uns erspäht und erkannt, und schon im nächsten Augenblick stand er mit seiner "Frau Mama" vor uns. Ich wäre am liebsten tief in den Boden gesunken. Grävernitz wohl auch, als Hartmann mit den Worten herausplatzte: "Was, Ihr hier? Und im solchen Aufzuge?"

Ich weiß nicht mehr, was wir antworteten, ich weiß nur noch, dass sich die stolze Frau Mama entrüstete von uns abwandte und ihren Sohn mit sich fortzog. "Pfui!" hörte ich sie noch im Weggehen sagen, und als ich den Blick emporrichtete, da sah ich noch, wie Hartmann sich umdehte.

"Nun sind wir verloren!" kam es über Grävenitz`Lippen, denn Hartmann war Kadetten - Unteroffizier, und es war seine Pflicht, uns bei seiner Rückkehr zur Anzeige zu bringen. Von seiner Frau Mama hatte wir keine Fürsprache zu erwarten. "Auf nach Hause!" riet ich meinem Kameraden, denn schon breiteten sich die Schatten der Nacht vor uns aus.------

Es war gegen 10.00 Uhr, (22.00 Uhr) als das ehrwürdige Schloss Bensberg gespensterhaft durch den Schleier der Nacht vor uns auftauchte. Längst lag Köln hinter uns und der Frankenforst, den wir pfeifend durchschritten hatten, weil die Sage umging, das es dort spukte.

"Wird Amanda auf Posten sein?" fragte wir uns wiederholt, und mit gemischten Gefühlen waren wir vor dem Gittertore angelangt. Leise pochte ich und rief das Mädchen beim Namen. Keine Antwort. Nochmals pochte ich, diesmal etwas ungestümer. Eine Gestalt näherte sich von innen, begleitet von festen Tritten. "Verloren!" raunte ich Grävenitz zu, denn schon stand der Portier (Kadettenhauspförtner Herr Günther) vor uns, der das Tor öffnete und nach unseren Pässe fragte. Die hatten wir nicht. Gävenitz fasste schnell Mut und legte in kurzen Sätzen ein Geständnis unserer "ruchlosen" Tat ab. "Weiß schon alles!" polterte Herr Günther heraus, "die Anzeige ist schon gemacht: Ihre Kleider hat man im Turnsaal gefunden. Amanda aber kriegt ihre Prügel, sobals sie wieder gesund ist; sie wird mich noch um Amt und Brot bringen!" Spachs und ließ das Tor klirrend ins Schloß fallen.

"Amand krank?" fragte Grävenitz, alles vergessend, ihren Vater. "Ja, sie fiel heute nachmittag beim Putzen die Treppe hinab und hat das Schlüsselbein gebrochen." Würde ihr das nicht passiert sein, so wäre ihr Streich unentdeckt geblieben. Sie hat mir alles gestanden, und meine Pflicht war es , dies zur Anzeige zu bringen!"

Mit dürren Worten hatte uns der Portier den Sachverhalt auseinandergesetzt. Das Mädchen bedauernd und unser Geschick verpfluchend, suchten wir unsere Stube auf, wo uns unsere Kameraden zunächst mit fernetischen Gelächter begrüßten, uns dann aber aufrichtig bemitleideten. Schon wenige Minuten später wurden wir vor unseren Hauptmann zitiert. Und wenn ich hundert Jahre alt werden sollte, werde ich das Gesicht nicht vergessen, das der Herr Hauptmann machte, als seine Blicke auf uns fielen.  

"Ei ei, Patrioten in Zivil!" kam es nach unserer "Reisebeschreibung" über die Lippen des Gestrengen, "ei, ei, da sieh`mal einer an! Also zu Fuß nach Köln in Zivil, um den König und Herrn zu schauen! Se. Majestät würde ja eine riesige Freude an Ihnen gehabt haben! Patriotismus! Nun für Ihren in solch feinen Zivil zur Schau getragenen Patriotismus erhalten Sie beide 48 Stunden Arrest bei Wasser und Brot! Abmarsch!" Noch am selben Abend marschierten Grävenitz und ich ins "Loch".

Und der Rest des Abenteuers?
Aus meiner Kasse mußte ich dem Pförtner Günther eine Entschädigung von zwei Talern für seine von mir zersäbelten Hosen bezahlen. Die Deputation kehrte am folgenden Tag nach Bensberg zurück. Als Hartmann hörte, was mit uns geschehen sei, drückte er sein tiefes Bedauern über unser Schicksal aus. Ich würde es nicht geglaubt haben, wenn er uns nicht während unserer Haft wiederholt Leckereien in das Arrestlokal geschmuggelt hätte. Später erzählte er uns, seine Frau Mama habe ihn beim Abschied ersucht, keine Anzeige von unserem Streiche zu machen.
Ich brauche wohl kaum zu bemerken, dass mir mein Patriotismus auf lange Zeit vergangen ist.

Jahre später kam ich noch einmal über die stehende Brücke von Alt- Köln, und als ich an dem Denkmal Friedrich Wilhelms IV. vorbeiging, kam mir wieder der lose Kadettenstreich in den Sinn. ------ 
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